Alle Kinder pflegebedürftiger Eltern können aufatmen: Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 29.11.2019 dem „Angehörigen-Entlastungsgesetz“ zugestimmt. Dieses Gesetz wird den Elternunterhalt verändern.
Ab dem 01.01.2020 können Sozialhilfeträger auf das Einkommen der Kinder pflegebedürftiger Eltern erst dann zurückgreifen, wenn deren Bruttoeinkommen 100.000,00 Euro übersteigt.
Das Gesetz enthält hierbei eine gesetzliche Vermutung dahingehend, dass das Einkommen der unterhaltsverpflichteten Personen diese Grenze nicht überschreitet.
Die Vermutung kann allerdings widerlegt werden. Hieraus folgt, dass betroffene Kinder auch nur noch in Ausnahmefällen, nämlich dann, wenn hinreichende Anhaltspunkte für das Überschreiten der Jahreseinkommensgrenze vorliegen, Auskunft über ihr Einkommen erteilen müssen.
Aber auch in den Fällen, in denen der Sozialhilfeträger positive Kenntnis hat, dass das Einkommen des Kindes über 100.000,00 Euro liegt und die Unterhaltsverpflichtung daher fortbesteht, sinkt die Zahlungsverpflichtung ab 01.01.2020 eventuell. Die Leitlinienkonferenz der Oberlandesgerichte hat den Selbstbehalt nämlich bereits vor Verabschiedung des Angehörigen-Entlastungsgesetzes auf mindestens 2.000,00 Euro für das Kind statt bisher 1.800,00 Euro und den Familienselbstbehalt (wenn das Kind verheiratet ist) von bislang 3.240,00 Euro auf mindestens 3.600,00 Euro angehoben.
Viele mit der Gesetzesreform zusammenhängende unterhaltsrechtliche Fragen sind allerdings noch offen, hier bleibt die Entwicklung abzuwarten.
Einen besonderen Tätigkeitsschwerpunkt in unserer Kanzlei bildet der Elternunterhalt.
Da dieser Unterhaltstatbestand noch immer weitgehend unbekannt ist, gleichzeitig jedoch immer mehr an Bedeutung gewinnt, wollen wir diesem komplexen Themengebiet an dieser Stelle besondere Aufmerksamkeit schenken.
Bitte beachten Sie, dass wir Ihnen hier aufgrund der Komplexität dieses Rechtsgebietes und aufgrund der Individualität jedes einzelnen Falles nur einen grundlegenden Überblick über das Elternunterhaltsrecht, den grundsätzlichen Ablauf des Verfahrens zur Ermittlung Ihrer Unterhaltspflicht sowie der Art der Berechnung geben können. Außerdem haben wir einige wichtige Verhaltsenshinweise aufgeführt. Keineswegs erhebt diese Darstellung Anspruch auf Vollständigkeit. Sie dient lediglich zur Orientierung und soll von Ihnen als Informationsleitfaden verstanden werden, um sich im Dschungel des Elternunterhaltsrechts ein wenig besser zurecht zu finden.
Wichtig: Eine individuelle, umfassende und möglichst frühzeitig in
Anspruch genommene anwaltliche Beratung durch uns oder
einen anderen, im Elternunterhalt erfahrenen Rechtsanwalt
Ihrer Wahl, kann hierdurch jedoch in keinem Fall ersetzt
werden!
Worum geht es beim Elternunterhalt?
Beim Thema Elternunterhalt geht es insbesondere um alle Fragen, die unterhaltsrechtlich entstehen können, wenn ein Elternteil oder sogar beide Elternteile älter und so pflegebedürftig werden, dass sie in einer Pflegeeinrichtung untergebracht werden müssen oder zu Hause gepflegt werden müssen.
Oftmals reichen die Einkünfte und das Vermögen der Eltern nicht aus, um die Pflegekosten zu decken. Deshalb müssen immer öfter die Sozialämter diese sogenannten ungedeckten Heimkosten übernehmen.
Das Sozialamt tritt hierbei in Vorleistung und bezahlt zunächst diese ungedeckten Kosten. Es wird jedoch versuchen, die Unterhaltsverpflichteten der Pflegebedürftigen für die erbrachten Leistungen in Regress zu nehmen.
Und hier kommen Sie als Kind ins Spiel.
Gemäß § 1601 BGB sind nämlich Verwandte in gerader Linie verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren. Verwandte in gerader Linie sind gemäß § 1589 BGB Personen, deren eine von der anderen abstammt. Damit handelt es sich insbesondere bei Kindern und Kindeskindern um Verwandte in gerader Linie.
Da die Verpflichtung, sich Unterhalt zu gewähren, in alle Richtungen besteht, bedeutet dies, dass nicht nur Eltern den Kindern gegenüber unterhaltsverpflichtet sind, sondern eben auch Kinder gegenüber ihren Eltern.
Für Sie wirft die neue Situation neben der zumeist hohen emotionalen Belastung zahlreiche Fragen auf:
Müssen Sie tatsächlich Unterhalt für Ihre Eltern zahlen?
Und falls ja, wie hoch ist der Unterhalt dann und wie errechnet er sich?
Müssen Sie Ihren Lebensstandard aufgeben?
Müssen Sie womöglich sogar Ihr Haus, Ihre Ersparnisse und sonstiges Vermögen verwerten?
Gibt es Gestaltungsmöglichkeiten, um den zu leistenden Unterhaltsbetrag so gering wie möglich zu halten?
Muss Ihr Ehepartner oder Lebensgefährte auch für Ihre Eltern zahlen?
Wie läuft das Verfahren zur Ermittlung Ihrer Unterhaltsverpflichtung
ab?
Wenn ein Elternteil in einer Pflegeeinrichtung untergebracht ist und eine sogenannte Unterdeckung vorliegt, wird regelmäßig Sozialhilfe beantragt.
Eine Unterdeckung besteht immer dann, wenn die pflegebedürftige Person die entstehenden Kosten nicht durch eigene Einkünfte und Vermögen bestreiten kann, sie also sozialhilferechtlich bedürftig ist. Hierbei werden alle Mittel berücksichtigt, die dem Pflegebedürftigen zur Verfügung stehen. Einkommen und Vermögen des Pflegebedürftigen müssen praktisch vollständig eingesetzt werden, bevor ein Anspruch auf Sozialhilfe besteht. Es dürfen nur wenige Positionen von dem Einkommen des Bedürftigen abgezogen werden, die dann nicht als Einkommen gelten, so z.B. auf das Einkommen zu entrichtende Steuern. Und auch das Vermögen muss eingesetzt werden. Eine Ausnahme bildet das sogenannte Schonvermögen. Dieses beträgt für den Pflegebedürftigen derzeit rund 5.000,00 EUR.
Steht fest, dass eine Unterdeckung besteht und tritt das Sozialamt in Vorleistung, ermitteln in der Regel die Sozialämter in einem nächsten Schritt zunächst, ob dem Grunde nach unterhaltspflichtige Personen existieren. Hierbei handelt es sich normalerweise um Ehegatten / Lebenspartner und Kinder der pflegebedürftigen Person.
Nach der Ermittlung übersendet das Sozialamt ein Schreiben – die sogenannte Überleitungsanzeige – an die ermittelten, dem Grunde nach zum Unterhalt verpflichteten Personen.
In dem Schreiben informiert das Sozialamt die unterhaltspflichtigen Personen darüber, dass es Leistungen für den Pflegebedürftigen erbringt.
Die Überleitungsanzeige bewirkt, dass das Sozialamt den Unterhaltsanspruch, der ja eigentlich zwischen dem Pflegebedürftigen und dem Unterhaltspflichtigen besteht, im eigenen Namen geltend machen kann.
In der Regel, aber nicht immer, fordert das Sozialamt mit dem gleichen Schreiben den Unterhaltsverpflichteten auf, umfassend Auskunft über sein Einkommen und Vermögen zu erteilen. Zumeist fordert es auch die Vorlage von Belegen. Dies geschieht auch fast immer unter Fristsetzung.
Wichtig: Da bereits an dieser Stelle die Weichen für das weitere Verfahren
gestellt werden können, sollten Sie die Auskünfte auf gar keinen
Fall unüberlegt oder übereilt abgeben.
Füllen Sie vielmehr die Auskunftsformulare sehr sorgfältig aus!
Wichtig: Sie als unterhaltspflichtiges Kind sind übrigens zur umfassenden
Auskunft verpflichtet!
Dies gilt nur dann nicht, wenn Anhaltspunkte für eine Bedürftigkeit des Elternteils überhaupt nicht ersichtlich sind, also insbesondere dann, wenn der pflegebedürftige Elternteil selbst für die Heimkosten aufkommen kann. In einem solchen Fall wird jedoch regelmäßig kein Antrag auf Sozialhilfe gestellt bzw. ein gestellter Antrag wird abschlägig beschieden, so dass es überhaupt nicht zu Leistungen des Sozialamtes und damit einhergehend zu der Überleitungsanzeige kommt.
Müssen Ihr Ehegatte / Lebenspartner auch Auskunft erteilen?
Das Einkommen Ihres Ehegatten oder Lebenspartners spielt im Elternunterhalt durchaus eine Rolle.
Denn bei der Unterhaltsberechnung kommt es unter anderem auch auf die Höhe des Familieneinkommens an und in welcher Höhe der einzelne Ehegatte oder Lebenspartner dazu beiträgt. Da das Einkommen somit eine indirekte Rolle spielt, erstreckt sich die Auskunftsverpflichtung auch auf den Ehegatten oder Lebenspartner.
Wichtig: Mit Lebenspartner ist nicht der Lebensgefährte, also der
Partner in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, gemeint,
sondern nur der eingetragene Lebenspartner in einer gleichge-
schlechtlichen Lebenspartnerschaft.
Muss Ihr Lebensgefährte Auskunft erteilen?
Nein.
Was passiert nach Erteilung der Auskünfte?
Nach Erteilung der Auskünfte können Monate vergehen, ohne dass Sie vom Sozialamt etwas hören. Dieser Umstand sollte Sie jedoch nicht nervös machen oder aus der Ruhe bringen. Vielmehr kann es sogar für Sie vorteilhaft sein, wenn das Sozialamt Ihren Vorgang länger als 1 Jahr nicht bearbeitet.
In diesem Fall kann es nämlich zu einer Verwirkung der Ansprüche kommen.
Verwirkung heisst, dass ein eigentlich bestehender Anspruch seitens des Berechtigten nicht mehr geltend gemacht werden kann.
Wichtig: Sehen Sie deshalb in jedem Falle von einer etwaigen Sach-
standsanfrage bei dem Sozialamt ab!
Fragen Sie keineswegs bei der Behörde nach, wie weit die
Bearbeitung Ihres Antrags vorangeschritten ist oder ob Sie
denn Unterhalt zahlen müssen!
Die Zahlungsaufforderung des Sozialamtes
Eventuell erhalten Sie dann irgendwann von dem Sozialamt eine Aufforderung, rückständigen und laufenden Unterhalt in einer bestimmten Höhe für den Pflegebedürftigen zu zahlen.
Wichtig: Bei der Zahlungsaufforderung handelt es sich nicht um einen
Titel, aus dem das Sozialamt vollstrecken kann!
Dies bedeutet, dass das Sozialamt die Zahlungsaufforderung
bzw. die geforderten Beträge nicht zwangsweise durchsetzen
kann.
Zahlen Sie den geforderten Unterhalt nicht freiwillig, muss das
Sozialamt zunächst einen Titel erwirken. Es muss also entweder
den Erlass eines Mahnbescheides beantragen oder es macht die
Ansprüche auf Zahlung von Unterhalt direkt vor dem für Sie
zuständigen Amtsgericht – Familiengericht – gegen Sie geltend.
Wie geht es nach der Zahlungsaufforderung weiter?
Wie gerade beschrieben muss das Sozialamt dann, wenn Sie nicht bereit sind, den Unterhalt freiwillig zu zahlen, einen Titel gegen Sie erwirken.
Sollte es also einen Mahnbescheid beantragen, sollten Sie unbedingt innerhalb der gesetzlichen Frist anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen und/oder Widerspruch einlegen. Die gesetzliche Frist beträgt 2 Wochen ab Zustellung. Tun Sie dies nicht, wird das Sozialamt in der Regel den Erlass eines Vollstreckungsbescheides gegen Sie beantragen und erwirken. Ein solcher Vollstreckungsbescheid stellt einen vollstreckbaren Titel dar. Lassen Sie es also auf keinen Fall so weit kommen.
Sollte das Sozialamt direkt bei dem zuständigen Familiengericht einen Antrag auf Zahlung von Unterhalt stellen, wird Ihnen der Antrag zunächst zugestellt und Sie erhalten Gelegenheit, innerhalb einer bestimmten Frist auf den Antrag zu erwidern, also Stellung zu nehmen.
Wichtig: In unterhaltsrechtlichen Verfahren herrscht Anwaltszwang!
Sie können sich also nicht selbst vertreten, sondern
müssen
zwingend einen Rechtsanwalt beauftragen.
Nach Erhalt der Erwiderung wird das Familiengericht einen Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmen. An dieser Verhandlung nehmen regelmäßig Sie als unterhaltsverpflichtetes Kind, Ihr Anwalt oder Ihre Anwältin sowie das Sozialamt teil.
Im Rahmen der Verhandlung muss auch nicht immer streitig durch das Gericht entschieden werden. Es kann auch hier noch immer eine Einigung erzielt werden. Oder aber das Sozialamt kann den gestellten Antrag zurücknehmen. Auch besteht für Sie die Möglichkeit, die Forderung des Sozialamtes anzuerkennen.
Sie brauchen auch keine Angst vor einer etwaigen Überrumpelung zu haben. Es besteht im Laufe der Verhandlung immer die Möglichkeit, die Sitzung für wenige Minuten zu unterbrechen und außerhalb des Gerichtssaals die weitere Vorgehensweise zu besprechen.
Sollte das Gericht streitig – also durch Beschluss – entscheiden, so wird es dies regelmäßig nicht am Ende der Sitzung, sondern in einem separaten Verkündungstermin, zu dem Sie nicht erscheinen müssen, tun. Der Beschluss wird in diesem Fall Ihrem Anwalt / Ihrer Anwältin zugestellt.
Was passiert nach der Entscheidung?
Sollte die Entscheidung nicht zu Ihren Gunsten ausfallen, können Sie hiergegen zunächst innerhalb einer bestimmten Frist Beschwerde einlegen. Ob dies für Sie sinnvoll ist, sollten Sie umgehend nach Erhalt der Entscheidung abklären lassen.
Was passiert, wenn ich zur Zahlung von Unterhalt verpflichtet werde, die Entscheidung akzeptiere und sich später meine wirtschaftlichen oder persönlichen Verhältnisse unterhaltsrechtlich verschlechtern?
Verschlechtern sich Ihre wirtschaftlichen Verhältnisse, gibt es unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, den Unterhalt an die neuen Verhältnisse anzupassen.
Wie errechnet sich aber überhaupt der Elternunterhalt?
Die Berechnung von Elternunterhalt ist überaus kompliziert und fängt von vielen unterschiedlichen Faktoren ab. Es sollen hier lediglich die Grundzüge dargestellt werden.
Zunächst wird das sogenannte bereinigte Nettoeinkommen ermittelt.
Ausgangspunkt ist hierbei – soweit Sie in einem Angestellten- oder Arbeiterverhältnis stehen – Ihr durchschnittliches Nettoeinkommen der letzten 12 Monate.
Sollten Sie einer selbständigen Tätigkeit nachgehen, so ist der durchschnittliche Gewinn der letzten 3 Jahre maßgebend.
Auch sind andere Einnahmen, wie z.B. Einnahmen aus Vermietung oder Verpachtung, Einnahmen aus Kapital und geldwerte Vorteile zu berücksichtigen.
Von diesem Einkommen sind bestimmte Ausgaben, die Sie haben, in Abzug zu bringen, das Einkommen ist somit um bestimmte unterhaltsrechtlich relevante Positionen zu bereinigen.
Wichtig: Diese Bereinigung des Einkommens ist einer der wichtigsten
Schritte in der Berechnung des Elternunterhalts.
Sie sollten hier also größtmögliche Sorgfalt walten lassen!
Die wichtigsten Abzugspositionen sind
berufsbedingte Aufwendungen (insbesondere Fahrtkosten),
Altersvorsorgeaufwendungen,
bereits bestehende Kreditverpflichtungen,
geleistete Zahlungen für Pflegeversicherungen,
teilweise auch andere Versicherungen,
Unterhalt für eigene Kinder und getrennt lebende oder geschiedene Ehegatten etc.
Stellen Sie nach der Bereinigung Ihres Einkommens fest, dass Ihr Einkommen unter dem Mindestselbstbehalt von derzeit 1.800,00 EUR (Stand 2019) liegt, sind Sie nicht leistungsfähig. Sie müssen also keinen Elternunterhalt zahlen.
Wenn Sie verheiratet sind, gilt dies jedoch nicht unbedingt, da dann die Einkünfte Ihres Ehegatten indirekt mit berücksichtigt werden.
Liegt Ihr Einkommen dagegen über dem Mindestselbstbehalt von derzeit 1.800,00 EUR (Stand 2019), so muss zunächst Ihr individueller Selbstbehalt ermittelt werden. Dieser setzt sich zusammen aus dem Mindestselbstbehalt zuzüglich der Hälfte des Betrages, der über dem Mindestselbstbehalt liegt. Um diesen Betrag erhöht sich damit der Mindestselbstbehalt.
Beträgt Ihr bereinigtes Nettoeinkommen z.B. 2.000,00 EUR, so liegt Ihr individueller Selbstbehalt bei 1.900,00 EUR (Stand 2019), nämlich
2.000,00 – 1.800,00 = 200,00
200,00 /2 = 100,00
1.800,00 + 100,00 = 1.900,00.
Nach Ermittlung des individuellen Selbstbehaltes ist nun von Ihrem bereinigten Nettoeinkommen Ihr individueller Selbstbehalt in Abzug zu bringen, um Ihre individuelle Leistungsfähigkeit zu ermitteln.
Sind Sie verheiratet, ist zunächst für beide Ehegatten getrennt voneinander das bereinigte Nettoeinkommen zu bilden. Die beiden bereinigten Nettoeinkommen sind anschließend zu addieren. Hierdurch erhalten Sie das sogenannte bereinigte Familieneinkommen.
Der Mindest-Familienselbstbehalt beträgt derzeit 3.240,00 EUR (Stand 2019). Stellen Sie nun fest, dass Sie diesen Mindest-Familienselbstbehalt unterschreiten, können Sie nicht zur Zahlung von Elternunterhalt herangezogen werden.
Überschreitet Ihr Familieneinkommen jedoch den Mindest-Familienselbstbehalt, so kann es sein, dass Sie Elternunterhalt zahlen müssen. Dies kann sogar dann gegeben sein, wenn Ihr eigenes Einkommen unter dem Mindestselbstbehalt von 1.800,00 EUR (Stand 2019) liegt. Hinzu kommt, dass zu berücksichtigen ist, in welchem prozentualen Verhältnis die Ehegatten ihren Anteil zu dem Familieneinkommen leisten. Es gibt somit eine Vielzahl von Konstellationen, deren Einzelheiten der Berechnung darzustellen uns hier als zu komplex erscheint.
Darüber hinaus ist die Rechtsprechung zu den unterschiedlichen Konstellationen umfangreich und teilweise schwer zu überblicken, so dass wir an dieser Stelle von einer weiteren und vertieften Darstellung absehen.
In einem persönlichen Beratungsgespräch klären wir jedoch gerne mit Ihnen, welche Konstellation in Ihrem individuellen Fall einschlägig ist und berechnen, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe Sie zum Elternunterhalt verpflichtet sind.
Muss ich meinen Lebensstandard aufgeben?
Als erwachsenes Kind genießen Sie eine von dem Gesetzgeber eingeräumte privilegierte Stellung.
Dies äussert sich einerseits darin, dass die Selbstbehalte beim Elternunterhalt wesentlich höher sind als bei den übrigen Unterhaltsverpflichtungen; andererseits steht der Elternunterhalt im Gesetz in § 1609 BGB erst auf Rang 6, also auf dem vorletzten Rang.
Im Elternunterhalt gilt der Grundsatz, dass niemand wegen der Zahlung von Elternunterhalt seine Lebensführung spürbar und dauerhaft einschränken muss, es sei denn, er lebt im Luxus. Es gibt somit einen erheblichen Argumentationsspielraum gegenüber dem Sozialamt und auch gegenüber dem Familiengericht.
Muss ich mein Vermögen einsetzen?
Auch hier sind Sie als erwachsenes Kind privilegiert. Sie müssen Ihr Vermögen nicht verwerten, wenn Ihnen hierdurch fortlaufende Einkünfte, die Sie selbst benötigen, wegfallen würden. Auch eine angemessene selbstbewohnte Immobilie ist geschützt. Sie müssen also nicht befürchten, Ihr selbst bewohntes Heim verwerten zu müssen.
Ihr Schonvermögen, also das Vermögen, welches Sie nicht antasten müssen, ist nach der neueren höchstrichterlichen Rechtsprechung stets individuell und konkret zu berechnen.
Muss mein Ehegatte sein Vermögen einsetzen?
Nein. Das Vermögen Ihres Ehegatten, gleich wie hoch es auch sein mag, ist unerheblich und darf nicht eingesetzt werden.
Was ist mit meinen Geschwistern?
Grundsätzlich ist es so, dass Geschwister für den Unterhalt der Eltern anteilig haften.
Gibt es noch anderweitige Möglichkeiten, trotz Leistungsfähigkeit keinen Elternunterhalt zahlen zu müssen?
Im Wesentlichen kommen hier 2 Möglichkeiten in Betracht.
Einerseits kann die Bedürftigkeit des Pflegebedürftigen aus den unterschiedlichsten Gründen wegfallen. Sei es, dass sich die Höhe der Pflegekosten reduziert und der Pflegebdürftige diese Kosten aus seinen eigenen Einkünften bestreiten kann, sei es, dass er anderweitig zu Vermögen ( z.B. einer Erbschaft ) kommt.
Andererseits kann der Unterhaltsanspruch auch verwirkt sein. Wie wir bereits an anderer Stelle erklärt haben, bedeutet Verwirkung, dass ein eigentlich bestehender Anspruch von dem Berechtigten nicht mehr geltend gemacht werden kann. Auch ist bereits beschrieben worden, dass dies der Fall sein kann, wenn das Sozialamt Ihren Vorgang länger als 1 Jahr nicht bearbeitet.
Der Anspruch auf Zahlung von Elternunterhalt kann aber auch durch früheres Verhaltes des nun pflegebedürftigen Elternteils verwirkt sein. Die gesetzliche Grundlage hierfür bildet § 1611 BGB. Eine Verwirkung kann z.B. vorliegen, wenn der pflegebdürftige Elternteil Sie früher stark vernachlässigt oder misshandelt hat oder aber auch, wenn er seine eigene Bedürftigkeit in sittlich vorwerfbarer Weise selbst herbeigeführt hat.
Zum Themenbereich der Verwirkung ist zahlreiche Rechtsprechung vorhanden, die immer einzelfallorientiert zu werten ist. Eine pauschale Darstellung verbietet sich daher an dieser Stelle.
Abschließend hoffen wir, dass es uns gelungen ist, Ihnen mit diesem Leitfaden ein Basisverständnis zu dem Themengebiet Elternunterhalt
vermittelt zu haben und vielleicht konnten wir Ihnen bereits auf diesem Wege die ein oder andere Frage beantworten.
Wir freuen uns auf Ihren Besuch.